Hintergrund
Lage in Syrien
Im März 2011 kam es in syrischen Städten und Gemeinden zu friedlichen Massendemonstrationen. Die Protestierenden forderten von der herrschenden Assad-Dynastie demokratische Reformen. Die Assads regierten Syrien mehr als vier Jahrzehnte mit eiserner Hand und zerstörten jedes Zeichen von Widerspruch. Diese Protestbewegung, inspiriert von ähnlichen Bewegungen in Ägypten oder Tunesien, vermittelte das erste Mal seit Jahren die Hoffnung, dass sich Syrien von seiner autoritären Regierung befreien könnte. Aber statt sich mit den Forderungen der Demonstranten auseinanderzusetzen, antwortete die Regierung mit unvorstellbarer Brutalität: Eine Welle von Morden, Folter und Verschleppungen rollte durch das Land. Die Revolte sollte mit brachialer Gewalt niedergeschlagen werden.
Aus der friedlichen Reformbewegung entwickelte sich im Lauf des Jahres 2011 allmählich eine bewaffnete Rebellion – nun mit dem Ziel, das Assad-Regime zu stürzen. Eine Vielzahl bewaffneter Oppositionsgruppen tauchte auf, manche mit nationalistischem, andere mit religiösem Hintergrund. Konfrontiert mit der bestens ausgestatteten Unterdrückungsmaschinerie der syrischen Regierung, wurden viele Gruppen abhängig von Waffen und finanzieller Unterstützung aus dem Ausland. Die Hilfe aus der Türkei, Katar, Saudi Arabien und den USA hielt die Rebellengruppen zwar am Leben, reichte jedoch nicht aus, um den Verlauf des Bürgerkriegs zu ihren Gunsten entscheidend zu verändern. Das Resultat war eine Pattsituation, in der es sowohl auf der Seite der Rebellen als auch der Regierungspartei furchtbare Verluste gab, in der jedoch keine der Konfliktparteien den endgültigen Sieg für sich verbuchen konnte. Syrische Städte lagen in Trümmern, und in einem Massenexodus verließen Millionen Menschen das Land.
Während sich die Kämpfe jahrelang hinzogen, und die Struktur der syrischen Gesellschaft gewaltsam zerstört wurde, brachen überall im Land Recht und Ordnung zusammen. In den so entstandenen Lücken breiteten sich extremistische Gruppen aus. Diese Gruppen, einschließlich Al-Quaida und Islamischer Staat, machten sich das Versagen und die Nicht-Organisation anderer Rebellentruppen sowie den weitverbreiteten Hass in der syrischen Bevölkerung auf das Assad-Regime zunutze. Sie boten Schutz, Disziplin, Ordnung und Verständnis für all jene Syrer, deren Lebensraum durch den Krieg zerstört wurde. Als der Konflikt in apokalyptische Szenen von Angriffen mit chemischen Waffen und Massenexekutionen von Zivilisten mündete, bekamen die Extremisten die traumatisierte Gesellschaft noch fester in ihren Griff. Nach einiger Zeit begannen sie überall auf der Welt Menschen zu akqurieren, die an ihrer Utopie, Syrien zu einem theokratischen Staat umzugestalten, mitwirken wollten.
Momentan scheint es so, dass sich beim Krieg in Syrien eine Lösung abzeichnet, wenn auch eine womöglich nicht für alle Beteiligten gerechte. Mit Unterstützung ihrer Gönner in Russland und im Iran gelang es dem Assad-Regime die Kontrolle über die bevölkerungsreichsten Gebiete des Landes wiederzuerlangen. Unterdessen ist der Norden des Landes zwischen kurdischen Polit-Splittergruppen, der türkischen Regierung und versprengten Resten der bewaffneten Opposition in verschiedene Einflusszonen aufgeteilt. Zwar ist ein Ende des Krieges in Sicht, die Perspektive für einen dauerhaften Frieden hingegen noch weit entfernt. Die Verbrechen der vergangenen sieben Jahre wurden nicht gesühnt und die Symptome, die den Aufstand ausgelöst haben, sind gegenwärtiger denn je. Die Welt ringt mit den massiven Auswirkungen des Krieges in Syrien – einschließlich der Flüchtlingskrise in Europa – deshalb ist es wichtiger denn je, die Wurzeln des Konflikts und die fortdauernden Konsequenzen daraus zu verstehen.
- Murtaza Hussein, The Intercept
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
„Der Film "Of Fathers and Sons" bietet einen umfassenden Einblick in die Gedankenwelt der Menschen, die jihadistische Ideologie leben. Aus der Sicht der Beratungsstelle "Radikalisierung" ist dem Regisseur Talal Derki neben einer mitreißenden visuellen Darbietung vor allem eine geistige Reise in die Alltäglichkeit der unter dem "Schwarzen Banner" kämpfenden und lebenden Menschen gelungen.
Die Beziehung zwischen Vätern und Kindern wird oft in der Fachwelt als eine Ursache für Radikalisierungsprozesse diskutiert, hier ist aber diese Beziehung durch extremistische Lebenseinstellungen geprägt. Liebevoll und vertrauend begleitet der Vater seinen Sohn bei seinem Weg mitten im Jihad. Die Bindung zwischen den Generationen ist durch Ideologie geprägt: Sie wirkt sinnstiftend und motivierend, zugleich aber vergiftet sie die Umgebung, sorgt für Chaos und Zerstörung als Filmkulisse.
In Deutschland begegnen Akteure der Deradikalisierungsarbeit zunehmend den Schicksalen der Kinder, die in jihadistisch geprägten Familien und Milieus aufwachsen. Dieser Film vermittelt dem Zuschauer die einzigartigen und authentischen Einblicke in die Lebensrealität der Betroffenen. Darin besteht auch die Chance diese Kinder ganzheitlich zu verstehen und Hilfestellungen zu ermöglichen.“
- Florian Endres, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
Bei Interesse an der Problematik der islamistisch begründeten religiösen Radikalisierung empfiehlt das BAMF die folgende Links:
UNICEF
„Der Dokumentarfilm OF FATHERS AND SONS – DIE KINDER DES KALIFATS geht unter die Haut. Mit den Augen von Kindern erlebt der Zuschauer den Albtraum des syrischen Bürgerkriegs. Er begegnet Kindern, die trotz aller Rohheit und Indoktrination doch nur „Kind“ sein wollen. Sie spielen in Ruinen und zerstören Fahrzeuge, schauen ihrem Vater beim Entschärfen von Minen zu, sehnen sich nach Anerkennung und Liebe - und werden zu Soldaten gemacht. Wie alle Kinder versuchen sie ihren Vater zu verstehen und alles „richtig“ zu machen. Der Krieg ist für die Kinder die einzig bestimmende Realität – ohne dass sie je dessen Hintergründe verstehen können. Der Zuschauer spürt, wie sich die allgegenwärtige Gewalt in ihre Seelen schleicht und unmerklich von ihnen Besitz ergreift.“
- Rudi Tarneden, UNICEF Deutschland
Weitere Informationen zur Arbeit von UNICEF unter: unicef.de
Zentralrat der Ex-Muslime
„OF FATHERS AND SONS – DIE KINDER DES KALIFATS beschäftigt sich in bewegenden Bildern mit radikalem Extremismus in Syrien.
Wenn wir über Islamismus sprechen, muss die Rede sein von einer brutalen, faschistischen Bewegung, die noch im 21. Jahrhundert Frauen steinigt, Menschen aufgrund ihres Glaubens oder ihrer sexuellen Orientierung umbringt und Kinder für einen menschenverachtenden Krieg abrichtet.
Dieser Extremismus hat Auswirkungen auf unser aller Leben und wir müssen dieses Problem erkennen und etwas dagegen tun, wie der Film eindrücklich vor Augen führt.“
- Mina Ahadi, Zentralrat der Ex-Muslime
Informieren Sie sich über die Arbeit des Zentralrats der Ex-Muslime unter: exmuslime.com
HAYAT-Deutschland
„Der Film dokumentiert ein jihadistisches Milieu in Syrien, seine Botschaft ist aber nicht auf dieses geschundene Land beschränkt. Kinder, die in den Zwängen totalitärer Ideologien aufwachsen, gibt es überall, auch in Deutschland. Die wichtigsten Bezugspersonen dieser Kinder, ihre Eltern, missbrauchen das kindliche Urvertrauen für ihre eigenen ideologischen Ziele. Den Kindern wird alles genommen, was ihnen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen würde. Statt Lebensfreude, Liebe und eine Bildung, die sie zu kritisch denkenden Menschen heranwachsen lässt, lernen sie von klein auf, andere Menschen abzuwerten und zu hassen. Und doch sollten wir diese Kinder nicht aufgeben. Es lohnt sich, um jedes einzelne von ihnen zu ringen. Dazu bedarf es Menschen in ihrer Nähe, denen die Kinder vertrauen können, für die das Wohl und die Wünsche der Kinder im Vordergrund stehen. Diese Menschen zu identifizieren und zu unterstützen ist ein Ansatz, den HAYAT-Deutschland seit 2012 in Deutschland verfolgt. Wir haben Methoden und Ansätze entwickelt, um Eltern, Familien und Freunde von radikalisierten Personen zu beraten und mit ihnen zusammen zu arbeiten, um gegebenenfalls den Radikalisierungsprozess des Angehörigen zu verhindern, zu verlangsamen oder umzukehren. Nicht immer gelingt es, es ist aber immer der Mühe wert im Interesse der Kinder und im Interesse einer friedlichen Gesellschaft.“
- Claudia Dantschke, Leiterin der Initiative HAYAT-Deutschland
hayat-deutschland.de
Prof. Jan Ilhan Kizilhan, Traumaexperte und Dozent an der Dualen Hochschule Villingen-Schwenningen
„Talal Derki zeigt in seinem einzigartigen Film OF FATHERS AND SONS einfühlsam, still und doch kraftvoll und mächtig wie tödlicher Hass, Aggression und Brutalität wie ein Krebsgeschwür im Gedächtnis der Kinder durch den eigenen Vater eingenistet werden und eine Zerstörung gegen sich und andere unaufhaltsam wird. Der Dokumentarfilm von Talal Derki bietet die seltene Gelegenheit, den Familienalltag, die Psychologie des Terrors, roh und unverhüllt mit einer Realität zu zeigen, die zu Syrien und anderen Teilen der arabischen Welt gehört. Wer die Psychologie des Terrors verstehen will muss sich diesen Film anschauen.“
- Prof. Jan Ilhan Kizilhan, Traumaexperte
Jiyan Foundation for Human Rights
„OF FATHERS AND SONS zeigt eindrucksvoll, wie Gewalt auf Kinderseelen wirkt. Die Jiyan Foundation for Human Rights erlebt in Ihrer Arbeit im Nordirak täglich welche seelischen Wunden Krieg, Hass und Gewalt innerhalb der Familie bei Kindern hinterlassen. Der Krieg in Syrien und der Terror des IS und anderer radikaler Gruppen hat hunderte Kinder indoktriniert, militarisiert und zu Kindersoldaten gemacht. Durch unsere langjährige Erfahrung in der traumatherapeutischen Arbeit mit Kindern und Familien wissen wir: Auch für diese Kinder gibt es Hoffnung und Heilung! Dafür brauchen sie verlässliche und fachgerechte therapeutische Betreuung. Die Jiyan Foundation ist der einzige Anbieter von Therapien speziell für Kinder und Jugendliche im Nordirak. Seit 2018 bilden wir auch in Nordsyrien angehende Psychologen, Pädagogen und Sozialarbeiter als psychologische Berater und Beraterinnen aus.“
- Salah Ahmad, Psychotherapeut für Kinder und Jugendliche, Gründer und Leiter der Jiyan Foundation for Human Rights
Weitere Informationen unter: jiyan-foundation.org